Michael Benčec, 13.11.2024

Wenn ich nur ein einziges Werk empfehlen dürfte, wäre dies das Buch „Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina. Der zionistische Siedlerkolonialismus in Wort und Tat“ (2013) von Petra Wild, das ich 2023 in seiner 6. Auflage gekauft habe. Ich kenne kaum ein anderes Buch, dass so viele Fakten pro Seite auf so verständliche Weise transportiert – und dabei mit so vielen, akribisch gesammelten Nachweisen auftrumpft. Nicht umsonst schrieb Moshe Zuckermann, ein emeritierter israelisch-deutscher Professor für Geschichte und Philosophie an der Universität Tel Aviv in einer Rezension für die Süddeutsche Zeitung: „Sie nimmt kein Blatt vor dem Mund, legt mithin fundiert und akkurat dar, wie die ethnokratische Dimension der israelischen Demokratie von Anbeginn nicht ohne Segregation der Palästinenser, ohne Apartheid und ethnische Säuberungen, ohne Landraub und Terrorisierung der einheimischen palästinensischen Bevölkerung auskommen konnte. Sie gelangt zu dem Schluss, dass es sich beim Zionismus im Wesen um einen historisch ausgeformten Siedlerkolonialismus handelt.“[1]
Das Buch ist auch 2024 ein absolutes Highlight und lädt dazu ein, sich Inhalte anzumarkern oder zu exzerpieren.

Ebenfalls sehr verständlich, faktenreich und gut strukturiert, aber etwas aktueller ist das Buch „Kein Frieden für Palästina. Der lange Krieg gegen Gaza. Besatzung und Widerstand“ (2021) von Helga Baumgarten. Gerade vor dem aktuellen Hintergrund sind die Ausführungen zur Hamas und zur Lage in Gaza ausgesprochen erhellend. Wie Wild begeistert auch Baumgarten mit der Verständlichkeit ihrer Formulierungen. Die Lesefreundlichkeit ihres Buches zeigt sich auch in Form von Zusammenfassungen und Resümees, die den Lesenden immer wieder neu abholen und dafür sorgen, dass man sich das ein oder andere auch merkt. Absolute Kaufempfehlung.

Ich bin mir sicher, dass es viele Menschen gibt, die gerne das Buch eines palästinensischen Historikers zu diesem Thema lesen möchten. Diesen empfehle ich „Der hundertjährige Krieg um Palästina. Eine Geschichte von Siedlerkolonialismus und Widerstand“ (2020) von Rashid Khalidi, das 2024 endlich auch in deutscher Sprache erschienen ist. Es ist ein anderes Leseerlebnis, da der Autor – Professor an der Columbia University und Direktor des Nahost-Instituts der Uni – die historischen Fakten mit persönlichen, familiären Informationen ergänzt. Das verleiht dem Buch – bei aller wissenschaftlichen Fundiertheit – eine menschliche Note.

Natürlich darf Ilan Pappe in den Kaufempfehlungen nicht fehlen. Die ethnische Säuberung im Rahmen der Nakba steht in Pappes Werk „Die ethnische Säuberung Palästinas“ (2006) im Vordergrund und wird beeindruckend kontextualisiert und rekonstruiert.
Außerdem großartig: „Was ist los mit Israel? Die zehn Hauptmythen des Zionismus“ (2023), ein Buch, in dem sich Pappe mit „Täuschungen“ der Vergangenheit, der Gegenwart sowie der Idee der Zwei-Staaten-Lösung befasst. Die Zwei-Staaten-Lösung vergleicht er mit einer Leiche, die ab und zu aus der Leichenhalle geholt, schön angezogen und als lebendig präsentiert wird. Wenn erneut nachgewiesen wurde, dass kein Leben mehr in ihr steckt, wird sie zurück in die Leichenhalle gebracht.
[1] Zimmermann, Moshe: „Juden = Zionisten = Israelis“ (05.06.2013). https://www.sueddeutsche.de/wissen/buchrezension-israels-palaestinenserpolitik-juden-zionisten-israelis-1.1688833. [26.06.2024].
