Trumps Friedensplan für Gaza: Kolonialismus 2025!

(Michael Benčec, 30.09.2025)

Der sogenannte Krieg in Gaza, der nach Expertenmeinung eigentlich ein von Israel begangener Völkermord an Palästinensern ist, soll ein Ende nehmen. Und Trump, der Geschäftsmann, hat einen 20-Punkte-Plan vorgelegt. Vieles darin, würde man gerne unterschreiben: So sollen unmittelbar nach der Annahme des Plans umfassende Hilfslieferungen in den Gazastreifen gebracht, Strom- und Wasserversorgung wiederhergestellt und Krankenhäuser instandgesetzt werden. Ja, bitte! Die Verteilung soll über die Vereinten Nationen, den Roten Halbmond und andere Organisationen erfolgen. Ja, bitte! Die Geiseln beider Seiten – palästinensische Geiseln werden Häftlinge genannt – sollen freikommen. Ja, bitte! Die Menschen in Gaza sollen selbst entscheiden, ob sie bleiben, ausreisen oder wieder zurückkehren wollen. Ja, bitte!

Jeder besorgte Beobachter, jeder Zeitzeuge eines „live-streamed genocide“, wie Amnesty International es beschreibt, jeder Mensch mit Herz dürfte sich über diese Ankündigungen freuen. Drei Dinge aber darf man bei all der Freude nicht übersehen:

Erstens: Die oben genannten Punkte klingen nach mehr als sie sind. Es sind Selbstverständlichkeiten, die jedem Menschen zustehen. Die Menschen im Gazastreifen hatten Häuser und Wohnungen, die Israel zerstört hat und zerstört. Die Menschen in Gaza hatten Unternehmen und Geschäfte, die Israel zerstört hat und zerstört. Die Menschen in Gaza hatten Karrieren in Schulen, Universitäten und Berufen, die Israel zerstört hat und zerstört. Die Menschen in Gaza hatten Familien und Träume, die Israel zerstört hat und zerstört. Schön, dass man die von Israel in eine Mondlandschaft gebombten Menschen nun füttern sowie mit Strom und Wasser versorgen möchte. Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was ihnen Israel mit unserer Hilfe genommen hat. Außerdem muss jedem klar sein: Humanitäre Hilfe ist so oder so Pflicht und nichts, was man erst verhandeln muss.

Zweitens: Trumps Plan orientiert sich nicht am Völkerrecht. Er ist ein Ausdruck kolonialen Denkens. Was geschieht hier? – Weiße Männer karteln auf einem anderen Kontinent untereinander aus, wie Menschen mit dunklerer Hautfarbe auf deren eigenem Territorium zu leben haben: Ohne Souveränität! Ihr Plan sieht vor, dass der Gazastreifen übergangsweise von einem „technokratischen palästinensischen Komitee“ regiert werden soll. In diesem Komitee sollen aber „internationale Experten“ sitzen, um den Palästinensern auf die Finger zu schauen. Und das so von innen kontrollierte Komitee soll dann auch noch von außen kontrolliert werden, nämlich durch einen sogenannten „Friedensrat“ mit Trump an der Spitze. Da fühlt man sich an das britische Mandat erinnert, was wiederum zeigt, wie wenig sich die Welt in den Köpfen westlicher Spitzenpolitiker verändert hat. 

Drittens: Der Plan geht an geltendem Völkerrecht völlig vorbei. Erinnert sei an das IGH-Gutachten vom 19. Juli 2024, welches besagt, dass Israel verpflichtet ist, die rechtswidrige Besatzung so schnell wie möglich zu beenden und für entstandene Schäden Wiedergutmachung an natürliche und juristische Personen zu leisten. Gaza gilt völkerrechtlich als besetztes Gebiet. Würde die Weltgemeinschaft die Einhaltung geltenden Rechts einfordern, wäre die Lösung des Problems also vollkommen klar: Israels Truppen raus, Reparationszahlungen rein, freie Selbstbestimmung des palästinensischen Volkes und Souveränität. Dies bedeutet auch, dass die Menschen selbst entscheiden, wen sie wählen oder nicht wählen. Das alles sollte im 21. Jahrhundert selbstverständlich sein. Aber das Völkerrecht scheint für westliche Mächte keine Rolle zu spielen, insbesondere dann nicht, wenn es um Palästina geht. 

Trump, der Geschäftsmann, nutzt also die unerträgliche Lage in Gaza, um der von Israel geschundenen palästinensischen Bevölkerung die Mindestbedürfnisse menschlicher Existenz anzubieten. Im Gegenzug soll sie sich einer kolonialen Kontrolle unterwerfen sowie auf ihre völkerrechtlich verbrieften Rechte verzichten. Und unser Außenminister? Unterwürfig und dankbar nennt er all dies eine „einmalige Chance“. Man kann sich als weißer Bürger eines westlichen Landes, insbesondere als Deutscher nur noch in Grund und Boden schämen.